Drangsaliert und dekoriert

 

Am Freitag, den 5. Juli, kam der Zeitzeuge Dr. Horst Böttge an unsere Schule, um den 10. Klassen in einem eindrucksvollen Vortrag das Leben in der DDR näher zu bringen. In diesem orientierte er sich an seinem Buch „Drangsaliert und dekoriert“, das die Geschichte seines Bruders Richard behandelt, welcher mit 16 Jahren ein Plakat Lenins beschmierte. Seinen Eltern wurde gesagt, der Vorfall müsse nur geklärt werden und er käme am nächsten Tag wieder nach Hause, doch das stimmte nicht. Stattdessen wurde er für diesen harmlosen Jugendstreich in ein Kellergefängnis gebracht, wo er nichts weiter hatte als einen Tisch, einen Kübel und eine Pritsche, die er sich mit einem weiteren Insassen teilen musste. Die Verhöre fanden mitternachts statt, sodass er jedes Mal aus dem Tiefschlaf gerissen und danach zu Aussagen gezwungen wurde. Am 6. März 1951 wurde schlussendlich sein Urteil verkündet: 10 Jahre Arbeitslager.

Daraufhin wurde er in diverse Haftanstalten überführt und musste dort unter menschenunwürdigsten Bedingungen leben. 1954 wurde er jedoch frühzeitig entlassen. Obwohl er sich nichts zu Schaden kommen ließ, wurde sein Leben in Freiheit fortan ständig von der Stasi überwacht. In seinem Betrieb hatte er sogar Angestellte, die Mitglieder der Stasi waren, was er durch Akteneinsicht erst nach dem Mauerfall erfuhr. Als Entschädigung für diese schlimme Zeit erhielt er zwar finanzielle Mittel, doch die verlorenen Jahre konnten ihm auch bis zu seinem Tod 2015 nicht zurückgegeben werden, weshalb jetzt auch sein Bruder seine Geschichte erzählt.

S. Brehmer und J. Franke (10b)