Ein Mathe-Professor zum Anfassen

„Stellt euch vor, ihr werft fünfmal einen mit den Zahlen von 1 bis 20 beschrifteten Ikosaeder,würfel‘ und notiert jeweils die Einerstelle der geworfenen Zahl“, forderte Herr Prof. Steinlein, der im Rahmen des von der Ludwig-Maximilians-Universität angebotenen Programms „Call a Matheprof“ nach Rosenheim ans Karo gereist war, seine Zuhörer zu Beginn seines Vortrags auf. Nachdem die knapp 50 Schülerinnen und Schüler der Klassen 9a und 9b ihre gedanklich erwürfelten Zahlen auf vorbereiteten Papierstreifen eingetragen hatten und diese eingesammelt waren, kam Prof. Steinlein zum eigentlichen Thema des Vortrags: Es ging um mathematische Aspekte bei der Entwicklung von Liga-Spielplänen, unter anderem um die Frage, ob es bei jeder Anzahl von Mannschaften in einer Liga möglich ist, den Spielplan so zu gestalten, dass sich für jede Mannschaft Heim- und Auswärtsspiele stets abwechseln. Dank anschaulicher Illustrationen wurde schnell klar, dass dies im Fall einer ungeraden Mannschaftsanzahl immer realisierbar ist. Die Frage nach der Anzahl aller möglichen Spielpläne, welche die gewünschte Bedingung erfüllen, wurde auf das simple Problem der Anordnung von Personen an einem Tisch reduziert.

 

Schwieriger gestalteten sich die Überlegungen für den Fall einer geraden Anzahl von Mannschaften. Schnell war klar, dass hier der fortlaufende Wechsel zwischen Heim- und Auswärtsspielen bei jeder Mannschaft nicht realisierbar und die Ermittlung der Anzahl aller möglichen Spielpläne wesentlich schwieriger ist, als im Fall der ungeraden Mannschaftszahl. Trotz einer Beschränkung auf das Beispiel einer Liga mit nur 6 Mannschaften waren aufwändige Überlegungen erforderlich, die schließlich zu dem Ergebnis führten, dass hier stolze 17280 verschiedene Spielpläne möglich sind.

Zum Schluss der Veranstaltung ging Prof. Steinlein auf die Ergebnisse des Gedankenexperiments vom Beginn ein: Auf 38 von 46 abgegebenen Papierstreifen waren 5 verschiedene Ziffern notiert. Sechsmal wurden 4 verschiedene Ziffern genannt, also eine Ziffer doppelt notiert. Zwei Schüler hatten schließlich weniger als 4 verschiedene Ziffern notiert, also mehrere Ziffern doppelt genannt oder eine Ziffer mehr als zweimal vergeben. „Ganz offensichtlich habt ihr meinen Auftrag nicht erfüllt und nicht wirklich zufällige Ziffern notiert“, kommentierte Prof. Steinlein diese Ergebnisse. Er rechnete den erstaunten Schülern vor, dass beim 5maligen Werfen eines Ikosaeders die Wahrscheinlichkeit dafür, fünf verschiedene Ziffern zu werfen, nur ca. 30% beträgt. Die Wahrscheinlichkeit, genau eine Ziffer doppelt zu werfen beträgt dagegen über 50 %!

Auch wenn nicht alle Schülerinnen und Schüler sämtlichen Ausführungen bis ins letzte Detail folgen konnten, ist es Prof. Steinlein bestens gelungen, mit dem Strukturieren eines zunächst sehr unübersichtlichen Problems typische Arbeitsweisen der Mathematik aufzuzeigen – und das, völlig ohne Kenntnisse der höheren Mathematik vorauszusetzen. „Das war richtig spannend“ war der Kommentar eines Schülers nach der Veranstaltung.

M. Zebhauser

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